Warum ist Zucker eigentlich ungesund?
Dass zu viel Zucker ungesund ist und Karies verursacht, weiß jedes Kind. Doch wie viel ist zu viel und welche gesundheitlichen Folgen können sich ergeben?
Der Begriff Zucker ist zunächst einmal mehrdeutig. Landläufig wird er für den Haushaltszucker, die Saccharose, verwendet. In der Wissenschaft jedoch bezeichnet Zucker die Gruppe der Kohlenhydrate. Bei Kohlenhydraten wird unterschieden zwischen:
• Einfachzuckern (z.B. Fruktose oder Glukose)
• Zweifachzuckern (z.B. Laktose oder Saccharose)
• Mehrfachzuckern (z.B. Stärke oder Cellulose)
Auch Stärke ist Zucker
Tatsächlich besteht Stärke aus etlichen, zu einer langen Kette verbundenen Glukose-Molekülen. Wer einmal ein Stück Brot etwas länger kaut, wird merken, dass es mit der Zeit immer süßer schmeckt. Dies liegt daran, dass ein im Speichel enthaltenes Verdauungsenzym, die Amylase, die Stärkekette aufspaltet und Glukose bereits im Mund freisetzt. Das ist auch ein Grund dafür, dass Stärke den Blutzucker extrem schnell ansteigen lässt.
Macht Zucker süchtig?
Häufig wird Zucker als Droge bezeichnet. Es gibt keine Hinweise, dass Zucker physiologisch abhängig macht wie Drogen es tun. Allerdings aktiviert Zucker das Belohnungszentrum im Gehirn, wodurch ein Gefühl des Wohlbefindens entsteht. Gerade wenn mit dem Zucker auch Fett aufgenommen wird, ist der Effekt besonders stark. Deshalb hat ein Stück Obst auch nicht den gleichen Belohnungseffekt wie ein Stück Schokolade. Erschwerend kommt hinzu, dass Fruktose anders verstoffwechselt wird als Glukose und das Belohnungszentrum nicht aktiviert.
Warum ist Zucker denn nun ungesund?
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass nicht der Zucker ungesund ist, sondern unser Umgang damit. Wir essen schlichtweg zu viel davon. Auch wenn einige Körperzellen auf Zucker als Energiequelle angewiesen sind, würde eine Zufuhr von 10 g Zucker am Tag ausreichen. Überdies gibt es im Gegensatz zu essentiellen Aminosäuren (Bestandteile der Proteine) und essentiellen Fettsäuren (Bestandteile der Fette) keine essentiellen, also mit der Nahrung zuzuführende, lebensnotwenige Kohlenhydrate.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, nicht mehr als 25 g Zucker (ca. 6 Teelöffel) pro Tag zu sich zu nehmen. Die tatsächliche Zuckeraufnahme liegt in Deutschland bei ca. 100 g pro Tag. Auch Menschen, die keine Süßigkeiten essen, nehmen Zucker über Brot, Wurst, Milchprodukte, Getränke oder auch Frühstückscerealien auf. Doch was passiert mit dem Körper, wenn zu viel Zucker gegessen wird?
Die Bedeutung des Insulins
Möchte man die Auswirkungen von Zucker auf den Organismus verstehen, muss man sich zwangsweise mit dem Hormon Insulin beschäftigen.
Ein zu hoher oder zu niedriger Blutzuckerspiegel schadet dem Körper. Besonders das Gehirn, das auf Glukose als Energiequelle angewiesen ist, leidet unter starken Schwankungen des Blutzuckerspiegels. Die wichtige Aufgabe des Insulins ist es, den Blutzuckerspiegel zu senken. Insulin wird freigesetzt, wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt und klopft gewissermaßen bei den Körperzellen an, um sie zu bitten, den Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Je mehr Zucker in die Zellen aufgenommen wird, desto mehr sinkt der Blutzuckerspiegel.
Der aufgenommene Zucker wird in den Muskeln und in der Leber in seiner Speicherform Glykogen eingelagert. Der Gegenspieler des Insulins, das Hormon Glukagon, ist in der Lage, den Blutzuckerspiegel anzuheben, indem es Glykogen wieder abbaut. Wenn die Glykogen-Speicher voll sind, wird überschüssiger Zucker zu Fett umgebaut und auf diese Art gespeichert. Wie jeder weiß, kann der Körper kiloweise Fett speichern. Das heißt: Zu viel Zucker macht fett.
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Studien bestätigen zudem, dass mit einem dauerhaft zu hohen Blutzuckerspiegel Erkrankungen wie Rheuma, Fibromyalgie, Osteoporose, Alzheimer oder Demenz einher gehen können.
Wenn immer wieder Zucker zugeführt wird und das Insulin ständig bei den Zellen anklopft, sind diese gestresst. Um sich zu schützen, reagieren die Zellen immer weniger auf das Insulin, was bedeutet, dass das Insulin nun schon sehr nachdrücklich seinen Standpunkt klar machen muss, damit die Zellen den Zucker aufnehmen. Es ist immer mehr Insulin nötig, um die gleiche Menge Zucker in die Zellen zu schleusen.
Irgendwann reagieren die Zellen gar nicht mehr auf das Insulin. Es besteht ein Diabetes mellitus (Typ II). Dank moderner Medizin hat die Diagnose Diabetes ihren Schrecken verloren. Durch eine angepasste Ernährung lässt sich die Insulinsensitivität auch teilweise wieder verbessern, sodass die Patienten weniger Insulin spritzen müssen. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die möglichen Begleit- und Folgeerkrankungen.
Zucker und Karies
Zucker wird von den in der Mundhöhle lebenden Bakterien zu Säuren umgebaut, die den Zahnschmelz angreifen. Wird zu oft zu viel Zucker gegessen, kann der Speichel die Zähne nicht mehr schützen und ein Loch – Karies – entsteht.
Zucker und Migräne
Laut Studien kann eine Migräneattacke durch Schwankungen des Blutzuckerspiegels ausgelöst werden. Deshalb wird eine Ernährung mit Lebensmitteln empfohlen, die den Blutzuckerspiegel langsam ansteigen lassen und über längere Zeit konstant halten. Hierzu sollten einfache Zucker sowie Stärke gemieden werden.
Zucker und Krebs
Krebszellen lieben Zucker. Sie sind auf ihn als einzige Energiequelle angewiesen. Auch wenn ein hoher Zuckerkonsum bestehende Krebszellen „füttert“, kann Krebs nicht komplett „ausgehungert“ werden, wenn auf Zucker verzichtet wird. Denn der Blutzuckerspiegel sinkt niemals auf Null.
Dennoch kann eine stark zuckerarme und gleichzeitig fettreiche Ernährung helfen. Denn während die Krebszellen unter dem Zuckermangel leiden, bezieht der restliche Organismus seine Energie aus Abbauprodukten von Fetten, den sogenannten Ketonkörpern. Diese ketogene Ernährung kann nicht nur für Krebspatienten, sondern auch für Menschen mit chronisch entzündlichen Erkrankungen, sehr hilfreich sein.
Sollte ganz auf Zucker verzichtet werden?
Im Grunde genommen wäre dies die gesündeste Entscheidung. Wer ab und an Lust auf ein Stückchen Schokolade verspürt, sollte sich diesen Genuss jedoch bewusst gönnen. Gerade ein Verbot macht eine Sache doch erst so richtig begehrenswert. Ein Stück Schokolade schadet einem gesunden Menschen nicht. Nach dem Genuss kann ein Glas Wasser oder das Putzen der Zähne verhindern, dass gleich die ganze Tafel aufgegessen wird.
Um das psychische Verlangen nach Zucker auszutricksen, sollten Süßes immer außer Sichtweite aufbewahrt werden. Bei Lust auf kohlenhydratreiche Speisen lohnt es sich, einmal zu hinterfragen, woher dieses Verlangen kommt: Stress, Frustration, Langeweile oder vielleicht Müdigkeit? Ausreichend Bewegung und Schlaf vermindern zudem das Verlangen, Süßes zu essen.
Grundsätzlich wichtig ist, versteckte Zuckerbomben wie zum Beispiel Frucht-, oder Knuspermüslis, Cornflakes, Fruchtsäfte, Fruchtjoghurts, Wurstwaren, Fertiggerichte oder fettreduzierte Produkte zu vermeiden und auf einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel zu achten. Dann bleiben auch Heißhunger-Attacken aus.
Unbedingt zu meiden sind zuckerhaltige Getränke. Wer noch nicht daran gewöhnt ist, mit Wasser seinen Durst zu stillen, kann ein paar Blätter Pfefferminze oder einen Spritzer Zitronensaft hinzugeben.
Zudem lässt sich der Geschmackssinn trainieren, sodass nach und nach immer kleinere Mengen Zucker als süß empfunden werden. Wer seinen Zuckerkonsum über eine gewisse Zeit schrittweise einschränkt, dem wird zum Beispiel die Süße von Fruchtjoghurt bald unangenehm sein.
Autor: Nina Meyer