Entspannt abnehmen
Als Ursache von Übergewicht und Krankheit wird meist ein Mangel an Bewegung sowie falsche Ernährung genannt. Dass Stress jedoch mindestens einen genauso großen Anteil daran hat, wird meist vernachlässigt.
Stress ist zugegebenermaßen ein arg überstrapazierter Begriff. Stress zu haben gilt in unserer heutigen Gesellschaft als selbstverständlich. Stress ist „in“. Überspitzt gesagt herrscht vielerorts die Meinung: Wer keinen Stress hat, der leistet auch nichts. Doch dauerhafter Stress macht krank und fördert die Entstehung von Übergewicht.
Was ist Stress?
Evolutionär gesehen war Stress lange Zeit überlebenswichtig für den Menschen. Er sorgt dafür, dass in einer gefährlichen Situation schnell viel Energie zur Verfügung gestellt wird, um entweder zu kämpfen oder zu fliehen.
Der moderne Mensch gelangt selten in eine echte Gefahrensituation. Doch ständiger Zeitdruck, viele Termine, Verkehrsstaus, Überflutung mit Informationen, überhöhte Ansprüche, ständige Erreichbarkeit, Fernsehen und viele weitere Faktoren bedeuten andauernden Stress für unseren Körper und unsere Seele.
Warum behindert Stress die Gewichtsabnahme?
Die Verbindung zwischen Stress und der Schwierigkeit, an Gewicht abzunehmen, liegt vor allem in dem Hormon Cortisol. Cortisol erhöht den Blutzuckerspiegel und verschlechtert die Insulinwirkung. Dadurch wird vermehrt Insulin ausgeschüttet. Wenn höhere Insulinspiegel im Blut vorherrschen, wird die Fettverbrennung gehemmt und der Fetteinbau gesteigert.
Zudem bindet Cortisol bevorzugt an bestimmte Rezeptoren der Zellen im Bauchfett. Das hat zur Folge, dass das Bauchfett unter Stress zunimmt. Bei Bauchfett handelt es sich um stoffwechselaktives Gewebe, das seinerseits Stoffe ausschütten kann. Diese können unter anderem das Sättigungsverhalten beeinflussen
Fällt es Übergewichtigen schwerer, bei Stress nicht zu Süßem zu greifen?
Es ist tatsächlich häufig so. Appetit wird über das Belohnungszentrum im Hirn gesteuert. Hier ist vor allem der Botenstoff Dopamin interessant. Bei stark übergewichtigen Menschen nimmt die Anzahl der Dopaminrezeptoren im Hirn ab - das heißt, es werden immer stärkere Reize benötigt, um ein Belohnungsgefühl auszulösen. Gleichzeitig ist die Hirnregion, die für die Selbstkontrolle zuständig ist, kleiner. Es sind also nicht nur Hormone, sondern auch das Hirn betroffen, wenn es um den Zusammenhang zwischen Stress und Gewichtsregulierung geht. Ein interessanter Ansatz ist auch die „Selfish-Brain-Theorie“.
Die „Selfish-Brain-Theorie“
Grob besagt diese Theorie, dass das Hirn in der Lage ist, den Energiestoffwechsel derart zu manipulieren, dass seine eigene Versorgung immer als erstes gesichert ist. Bei Stress fährt das Hirn dieses System hoch, sodass mehr Nahrung aufgenommen wird, als der Körper eigentlich braucht - die Folge ist Übergewicht.
Eine Lösung des Problems
Die schlechte Nachricht ist: Wir alle haben Stress und wenn wir nichts tun, macht er uns auf Dauer übergewichtig und krank. Die gute Nachricht ist: Wir können etwas dagegen tun.
Umgang mit Stress
Der erste Schritt, um mit dem eigenen Stress besser zurecht zu kommen, ist ihn überhaupt zu registrieren. Daher lautet ein Tipp im Umgang mit Stress: Achtsamkeit! Achtsamkeit bedeutet, sich und seine Umgebung bewusst wahrzunehmen und immer wieder in den Körper hinein zu spüren. Ist mein Kiefer verspannt, mein Bauch fest, die Schultern hochgezogen? Meist reicht es schon, sich dessen bewusst zu werden und die betroffenen Körperteile entspannen sich wie von selbst.
Wer regelmäßig achtsam ist, lernt bald, sein aufsteigendes Stressgefühl immer früher zu bemerken. Es ist nicht hilfreich, sich über dieses Gefühl aufzuregen oder es „weghaben“ zu wollen. Das erzeugt noch mehr ungute Gefühle. Spätestens, wenn man ein Stressgefühl verspürt, sollte man sich eine Pause und etwas Entspannung gönnen. Wichtig dabei: Man sollte es sich wirklich bewusst gönnen und nicht nur einfach tun. Niemand, nicht die Kollegen, nicht die Familie und auch nicht der Chef, hat ein Interesse daran, dass man nicht gut für sich sorgt.
Kleine Entspannungsübung
Auch an dem stressigsten Tag sind immer ein oder zwei Minuten Zeit vorhanden, um einmal bewusst auf seine Atmung zu achten - für ein paar Atemzüge zu spüren, wie sich der Brustkorb weitet, wie er sich hebt und senkt. Wer dies tut, ist automatisch abgelenkt von dem aktuellen Stressauslöser. Zudem beruhigt das bewusste Atmen. Wer mag breitet dazu die Arme zu den Seiten aus. Das wirkt befreiend.
Heilsame Spaziergänge
Ein kleiner Spaziergang in der Mittagspause kann helfen, Stress abzubauen. Nicht nur die Bewegung wirkt entspannend. Ein Spaziergang ist eine sehr gute Achtsamkeitsübung. Wer seine - meist gewohnte - Umgebung achtsam wahrnimmt, wird viel Neues entdecken. Dies bringt im besten Fall andere Gedanken und Gefühle mit sich, sodass man mental kurzzeitig aus dem Arbeitsumfeld aussteigen und erholt an den Schreibtisch zurückkehren kann.
Bewegung - Stress ausagieren
Wer einer sitzenden Tätigkeit nachgeht, profitiert davon, mindestens einmal pro Stunde aufzustehen und sich zu bewegen. So kann Stress abgebaut werden. Sich dehnen und strecken, einmal das Treppenhaus rauf und runter laufen oder ein paar Liegestütze absolvieren - jeder macht nur das, was ihm oder ihr gut tut.
Nach Feierabend oder am Wochenende zur Ruhe kommen
Vielen Berufstätigen fällt es schwer, nach der Arbeit, am Wochenende oder im Urlaub „runter zu kommen“.
Wer über längere Zeit viel Stress ausgesetzt ist, wird Entspannung irgendwann als unangenehm empfinden. Man kann es ein bisschen vergleichen mit einem Süchtigen, der Entzugserscheinungen bekommt Dies ist ganz normal, da der Körper an einen hohen Level an Stresshormonen gewöhnt ist. Deren Abfall registrieren Hirn und Körper als Abweichung vom Normalzustand und arbeiten dagegen an. Ein Gefühl der Ruhelosigkeit stellt sich ein.
Nun muss sich niemand in seiner Freizeit zwingen, auf dem Sofa zu sitzen und „nichts tun“ zu üben. Ein Besuch im Einkaufszentrum oder Fernsehen wäre eher kontraproduktiv, da wiederum Stress verursacht wird. Ein Spaziergang in der Natur hilft jedoch, die Ruhelosigkeit zu verringern. Manche fühlen sich auch wohl, wenn sie Sport treiben oder meditieren. Es bietet sich an, den Übergang zwischen einer stressigen und einer entspannten Phase mit einer dieser Tätigkeiten zu gestalten.
Zum Thema Ernährung
Jeder Abnehmwillige, der verbissen Kalorien zählt und sich Woche für Woche zum Sport quält, wird jetzt vielleicht verstehen, warum der gewünschte Abnehm-Erfolg sich nicht einstellt. Stress kann den gleichen negativen Einfluss auf den Insulinspiegel haben wie falsche Ernährung!
Wenn es doch mal die Schokolade sein soll, dann bitte ohne schlechtes Gewissen. Die Devise lautet: Ich gönne mir etwas Gutes und genieße es auch.
Autor: Nina Meyer